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Brief für Steuerpflichtige im Privatbereich des Monats Februar 2013


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Kann ein Arbeitnehmer Korrektur der Dankesformel im Arbeitszeugnis verlangen?

2.

BMF definiert grundstücksbezogene Leistungen neu

3.

Keine Teilwertabschreibung wegen Unverzinslichkeit einer Forderung

4.

Körperschaftsteuer-Bescheid ist kein Grundlagenbescheid für Einkommensteuer-Bescheid

5.

Dacherneuerung als Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwand?

6.

Eigener Hausstand auch bei Mehrgenerationenhaushalt?

7.

Keine Nachversteuerung bei Umwandlung einer GbR in eine KG

8.

Bewertung einer (Elektro-)Fahrrad-Überlassung durch den Arbeitgeber

9.

Höhe der Werbungskosten bei Autounfall auf der Fahrt zur Arbeit

10.

Können Rabatte von dritter Seite Arbeitslohn darstellen?

11.

Wann wird eine Abmahnung aus der Personalakte entfernt?

12.

Anspruch auf Prozesszinsen bei Herabsetzung der Steuer erst nach Ende der Rechtshängigkeit?

13.

Wann verjähren Schadensersatzansprüche gegen Steuerberater?

14.

Neue Steuerberatervergütungsverordnung in Kraft getreten

15.

Wann ist ein Antrag auf getrennte Veranlagung missbräuchlich?

16.

Telefonkosten als Werbungskosten bei längerer Auswärtstätigkeit

17

Auch eine schwangere Schwangerschaftsvertretung darf lügen

18.

Wie muss eine Rechtsbehelfsbelehrung aussehen?

19.

Wann entfällt die Unterhaltspflicht des Kindes gegenüber den Eltern?

20.

Elternunterhalt trotz ausreichenden privaten Vorsorgekapitals?



1. Kann ein Arbeitnehmer Korrektur der Dankesformel im Arbeitszeugnis verlangen?

Kernfrage
Das Endzeugnis eines Arbeitnehmers muss sich auf die Beurteilung der Führung und Leistung erstrecken. Es muss wahrheitsgemäß, aber wohlwollend sein. Insbesondere darf es den Arbeitnehmer in seinem beruflichen Weiterkommen nicht behindern. Letzter Gedanke führt oftmals zu Gefälligkeitszeugnissen. Ausfluss dieses Gedankens ist formal, dass das Endzeugnis mit einer Dankesformel schließt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr darüber zu befinden, ob der Arbeitnehmer einen Anspruch auf diese Dankesformel hat.

Sachverhalt
Der Kläger hatte ein Endzeugnis erhalten, das durchweg positiv war. Es endete mit der Formel: "Herr … scheidet zum … aus betriebsbedingten Gründen aus. Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute." Der Kläger sah in diesem Abschluss eine Entwertung des Zeugnisses und verlangte eine Schlussformel, die lautete: "Wir bedanken uns für die langjährige Zusammenarbeit und wünschen und ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute".

Entscheidung
Das BAG wies die Klage in letzter Instanz ab. Es gebe keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Dankesformel als Schlussformulierung eines Arbeitszeugnisses. Der Zeugnisanspruch decke zwar eine Beurteilung der Führung und Leistung ab, nicht aber der Empfindungen des Arbeitgebers. Allerdings seien Abschlussformulierungen geeignet, das Zeugnis zu kommentieren. Daher dürfe eine Schlussformulierung nicht dazu verwendet werden, das Zeugnis zu entwerten. Im Ergebnis müsse dann auf die Schlussformulierung verzichtet werden.

Konsequenz
Können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht auf die Schlussformulierung eines Arbeitszeugnisses einigen, ist der durchsetzbare Anspruch des Arbeitnehmers darauf gerichtet, dass gar keine Schlussformulierung im Zeugnis verwendet wird, sondern dieses mit der Gesamtbewertung endet.

2. BMF definiert grundstücksbezogene Leistungen neu

Kernaussage
Grundsätzlich werden sonstige Leistungen, die gegenüber Unternehmern erbracht werden, dort besteuert wo der die Leistung empfangende Unternehmer sitzt. Wird die Leistung gegenüber Privatleuten erbracht, erfolgt die Besteuerung i. d. R. am Sitz des leistenden Unternehmers. Abweichend von diesen Grundregeln werden sonstige Leistungen in Verbindung mit Grundstücken dort besteuert, wo das Grundstück liegt (Belegenheitsprinzip). Es ist daher wichtig, zu wissen, ob die jeweilige Leistung grundstücksbezogen ist oder nicht. Nicht selten gibt es hierüber bei grenzüberschreitenden Leistungen, aufgrund unterschiedlicher Auslegungen, Konflikte zwischen den Vertragsparteien.

Neue Verwaltungsauffassung
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun die zugehörige Verwaltungsvorschrift überarbeitet und wesentlich detaillierter neu gefasst. So orientiert sich z. B. der Begriff des Grundstücks nun nicht mehr an den zivil-, sondern an den unionsrechtlichen Vorgaben. Nach Angabe des BMF folgt die Änderung einer Einigung auf Ebene der EU-Mitgliedstaaten. Sie gilt für Leistungen, die ab dem 1.1.2013 ausgeführt werden.

Konsequenzen
Grundsätzlich ist eine Vereinheitlichung zu begrüßen. Allerdings beruft sich das BMF auf die vom Mehrwertsteuer-Ausschuss veröffentlichten Leitlinien. Diese geben aber häufig nur die mehrheitlich vertretene Auffassung wieder. Darüber hinaus stellen die Leitlinien weder eine offizielle Auslegung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) dar, noch sind sie für die Mitgliedstaaten verbindlich. Konflikte hinsichtlich der zutreffenden Besteuerung zwischen den Mitgliedstaaten können sich daher unverändert ergeben. Unternehmer, die Leistungen erbringen bzw. beziehen, müssen sich mit der Neuregelung auseinandersetzen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Kunde bzw. der Leistende und/oder das Grundstück im Ausland sitzen bzw. sich dort befinden. Das Schreiben stellt hier in einigen Fällen, deren Behandlung bisher nicht eindeutig war, die deutsche Sicht der Dinge klar. So wird z. B. dargestellt, unter welchen Voraussetzungen die Lagerung von Gegenständen sowie die Montage von Maschinen in Zusammenhang mit einem Grundstück stehen. Trotz den Vorgaben des Schreibens empfiehlt es sich in solchen Fällen in der Praxis, mit dem Vertragspartner die umsatzsteuerliche Behandlung schon vor Vertragsschluss abzustimmen, um späteren Ärger zu vermeiden.

3. Keine Teilwertabschreibung wegen Unverzinslichkeit einer Forderung

Kernproblem
Die konzerninterne Vergabe zinsloser Darlehen an Tochter- oder Schwestergesellschaften ist nicht nur ein betriebswirtschaftliches Mittel zur Krisenbewältigung, sondern zuweilen auch ein gern genutztes steuerliches Gestaltungsinstrument (z. B. durch "Auftrocknen" steuerlicher Verlustvorträge). Die steuerbilanzielle Behandlung beim Darlehensnehmer ist unstreitig: Die Verbindlichkeit ist in Abhängigkeit von der Darlehenslaufzeit und mit einem Zinssatz von 5,5 % gewinnerhöhend abzuzinsen. Beim Darlehensgeber besteht hingegen Uneinigkeit: Die Forderung ist zunächst unstreitig zu Anschaffungskosten bzw. zum Nominalwert zu aktivieren. Es stellt sich bei Aufstellung des Jahresabschlusses jedoch die Frage, ob die für eine steuerbilanzielle Abschreibung zwingend notwendige "voraussichtlich dauernde Wertminderung" aufgrund der Unverzinslichkeit gegeben ist.

Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, die ihrer Tochtergesellschaft (ebenfalls GmbH) im Jahr 2003 Darlehen in Höhe von insgesamt 1,8 Mio. EUR ausreichte. Die Darlehen waren unverzinslich und hatten eine Laufzeit von 9 Jahren. Die Klägerin nahm in der Handels- und Steuerbilanz eine Abschreibung auf 1,1 Mio. EUR vor, die unter Berücksichtigung der Darlehenslaufzeit und einem Zinssatz von 5,5 % dem abgezinsten Wert der Forderung entsprach. Die Finanzverwaltung lehnte eine Abschreibung ab und begründete dies mit der nur vorübergehenden Wertminderung der Forderung. Die Klage gegen die entsprechend geänderten Steuerbescheide blieb in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidung
Die Unverzinslichkeit einer im Anlagevermögen gehaltenen Darlehensforderung alleine rechtfertigt nach Auffassung der Richter keine voraussichtlich dauerhafte Wertminderung, so dass eine Abschreibung auf den unstreitig niedrigeren Teilwert unzulässig ist. Die Bestimmung des Tatbestandsmerkmals "voraussichtlich dauernd" habe unter Berücksichtigung der Eigenart des jeweils in Rede stehenden Wirtschaftsguts zu erfolgen. Im Fall der Darlehensforderung erfolge jedoch spätestens im Fälligkeitszeitpunkt eine Rückzahlung zum Nominalwert, so dass von einer nur vorübergehenden Wertminderung auszugehen sei.

Konsequenz
Wenngleich die Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht frei von Zweifeln ist, überrascht die Entscheidung keineswegs. Sie steht in Einklang mit einer jüngst ergangenen Entscheidung, wonach auch der gesunkene Wechselkurs von festverzinslichen Wertpapieren keine Dauerhaftigkeit der Wertminderung begründet, da am Ende der Laufzeit des Wertpapiers der Inhaber den Nominalwert vergütet bekommt. Ungeachtet dessen ist die zwischenzeitliche Gesetzesänderung zu beachten, wonach Abschreibungen auf im Betriebsvermögen einer GmbH gehaltene Darlehensforderungen gegen andere Konzerngesellschaften regelmäßig steuerlich nicht (mehr) geltend gemacht werden können.

4. Körperschaftsteuer-Bescheid ist kein Grundlagenbescheid für Einkommensteuer-Bescheid

Kernproblem
Durch das Jahressteuergesetz 2007 wurde im Körperschaftsteuerrecht eine Korrespondenzregelung geschaffen. Hiernach wird bei Änderung des Körperschaftsteuerbescheids einer Kapitalgesellschaft infolge einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) auch eine Änderung des bereits bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids des Anteilseigners verfahrensrechtlich ermöglicht. Uneinigkeit besteht seitdem im Schrifttum, ob durch die eingeführte Korrespondenzregelung nunmehr Körperschaft- und Einkommensteuerbescheid insoweit in einem Grundlagen-/Folgebescheid Verhältnis stehen. Bejahendenfalls würden hiermit z. T. erhebliche steuerliche Änderungen einhergehen, wie z. B. bei der Festsetzung von Prozesszinsen.

Sachverhalt
Der Kläger ist Anteilseigner einer AG. Im Anschluss an ein von der AG erfolgreich geführtes Klageverfahren wurde der Einkommensteuerbescheid des Klägers für das Streitjahr 1989 zu seinen Gunsten geändert. Diese Änderung war verfahrensrechtlich möglich, da das Einspruchsverfahren des Klägers bis zur Entscheidung des von der AG geführten Klageverfahrens ruhte. Der Kläger beantragte daraufhin, für den erhaltenen Erstattungsbetrag Prozesszinsen festzusetzen. Hiergegen wehrte sich das Finanzamt u. a. mit der Begründung, dass der Körperschaftsteuerbescheid kein Grundlagenbescheid für den Einkommensteuerbescheid des Klägers sei und somit eine Festsetzung von Prozesszinsen nicht in Betracht käme. Die hiergegen erhobene Klage beim Finanzgericht (FG Köln) blieb erfolglos; der Kläger zog vor den Bundesfinanzhof (BFH).

Entscheidung
Die Richter des BFH folgen im Ergebnis den Ausführungen der Finanzverwaltung und der Vorinstanz. Nach ihrer Auffassung stehen Körperschaft- und Einkommensteuerbescheid nicht im Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid zueinander. An dieser gefestigten Rechtsprechung ändere auch das durch das Jahressteuergesetz 2007 eingeführte Korrespondenzprinzip nichts, da diesem nur verfahrensrechtliche und keine materiell-rechtliche Bedeutung beizumessen sei.

Konsequenz
Die Auffassung des BFH entspricht der überwiegenden Meinung im Schrifttum. Da der Körperschaftsteuerbescheid kein Grundlagenbescheid für den Einkommensteuerbescheid darstellt, können somit auch zukünftig im Fall eines erfolgreichen Klageverfahrens gegen den Körperschaftsteuerbescheid keine Prozesszinsen auf Ebene des einkommensteuerpflichtigen Anteilseigners festgesetzt werden.

5. Dacherneuerung als Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwand?

Kernproblem
Die Frage, ob vom Steuerpflichtigen getätigte Aufwendungen als Herstellungskosten oder als (sofort abzugsfähige) Erhaltungsaufwendungen zu behandeln sind, führt häufig zu Streitigkeiten mit dem Finanzamt. Zu den Herstellungskosten zählen einerseits Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die erstmalige Herstellung eines Vermögensgegenstandes anfallen. Andererseits qualifizieren aber auch Kosten, die aufgrund von Erweiterungen oder für eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen, als Herstellungskosten. Ob eine Erweiterung auch angenommen werden kann, wenn der "Mehrraum" tatsächlich nicht nutzbar ist und lediglich aus praktischen Zwängen verursacht wurde, war Gegenstand eines Verfahrens vor dem Finanzgericht (FG) München.

Sachverhalt
Die Kläger sind Eheleute, deren vermietetes Einfamilienhaus ein undichtes Flachdach hatte. Im Zuge von Sanierungs- und Wärmedämmungsmaßnahmen im Streitjahr 2006 wurde schließlich ein Satteldach installiert. Im diesem Zusammenhang wurde auch ein Kniestock von 1,3 m Höhe errichtet. Das (weder verputzte noch ausgebaute) Dachgeschoss konnte nur durch eine Zugleiter in der Garage erreicht werden, zudem war aufgrund von Sicherheitsbestimmungen die Nutzung als Wohn- und Aufenthaltsraum untersagt. Die Kläger machten die angefallenen Aufwendungen als Erhaltungsaufwendungen bei den Vermietungseinkünften geltend. Im Anschluss an eine Ortsbesichtigung durch das Finanzamt behandelte diese die angefallenen Aufwendungen jedoch als Herstellungskosten. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Entscheidung
Die Richter teilten die Auffassung der Finanzverwaltung, wonach durch die Baumaßnahme sowohl eine Erweiterung als auch eine wesentliche Verbesserung eingetreten sei. Ausreichend hierfür sei bereits, dass der Dachboden trotz der statischen Unwägbarkeiten zumindest als Abstellraum genutzt werden könne; insoweit sei somit eine Nutzungserweiterung eingetreten. Als irrelevant betrachteten die Richter die Frage, ob für die Nutzung zu Wohnzwecken weitere Baumaßnahmen erforderlich sind.

Konsequenz
Steuerpflichtige sollten beachten, dass für die Abgrenzung zwischen Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen eine Berücksichtigung von Begleitumständen wie praktische Zwänge nicht in Betracht kommt. Ausschließliches Abgrenzungsmerkmal ist, ob aus der Maßnahme eine Nutzungserweiterung resultiert. Die Nutzungserweiterung muss dabei nicht zwingend die Nutzung zu Wohnzwecken sein.

6. Eigener Hausstand auch bei Mehrgenerationenhaushalt?

Kernproblem
Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, sind Werbungskosten. Das gilt unabhängig vom Familienstand. Wohnen jedoch Alleinstehende im Haus der Eltern, bezweifelt das Finanzamt häufig das Vorliegen eines eigenen Haushalts. Wenn der Finanzbeamte stutzig wird und nach den Kosten im "Hotel Mama" fragt, fehlen nicht selten die Argumente oder noch besser Belege einer Kostenübernahme. Dabei gibt die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Anlass zur Hoffnung.

Sachverhalt
Der in den Streitjahren 31-jährige nichtselbstständige Sohn unterhielt einen Haushalt im elterlichen Mehrgenerationenhaus. Das Haus verfügte über 5 Wohn- bzw. Schlafzimmer, 2 Badezimmer und eine Küche. Davon waren 2 Zimmer und ein Bad in den über einen separaten Eingang erreichbaren Kellerräumen belegen, in denen der Sohn lebte. In dem im Keller gelegenen Bad befand sich die einzige Waschmaschine des Hauses, die die Eltern mitbenutzten. Dagegen nutzte der Sohn die Küche und den einzigen Telefonanschluss im Reich der Eltern mit. Eine Miete wurde nicht bezahlt. Es war jedoch vereinbart, dass der Sohn neben der Erledigung schwerer körperlicher Arbeiten im Garten die Kosten für Versicherungen, Reparaturen sowie Grundsteuer tragen sollte, während die Eltern alle Betriebskosten (Strom, Heizung, Wasser) übernahmen. Das Finanzamt sah hierin keinen eigenen Haushalt und lehnte den beantragten Werbungskostenabzug - ebenso wie das Finanzgericht - ab.

Entscheidung
Der BFH wies den Fall an das Finanzgericht zurück mit der Begründung, dass ein eigener Hausstand auch im Rahmen eines Mehrgenerationenhaushalts (mit den Eltern) geführt werden könne. Zwar sei die Entgeltlichkeit ein gewichtiges Indiz, aber keine unerlässliche Voraussetzung für das Vorliegen eines eigenen Haushalts. So könne sich der kleinfamilientypische Haushalt der Eltern im Laufe der Zeit zu einem wohngemeinschaftsähnlichen, gemeinsamen und mitbestimmten Mehrgenerationenhaushalt oder gar zum Haushalt des erwachsenen Kindes wandeln, in den die Eltern (z. B. wegen Krankheit oder Pflegebedürftigkeit) aufgenommen sind.

Konsequenz
Für die weitere Beurteilung kommt es dem BFH insbesondere auf Größe und Ausstattung der zur Verfügung stehenden Räume mit eigenen Möbeln und Haushaltsgegenständen sowie die Art und Weise der Haushaltsführung im Mehrgenerationenhaushalt an. Dagegen sieht es der BFH als unerheblich an, ob die überlassenen Räume den bewertungsrechtlichen Anforderungen genügen, etwa weil man sich ein Bad oder die Küche teilen muss.

7. Keine Nachversteuerung bei Umwandlung einer GbR in eine KG

Kernproblem
Ein Kommanditist haftet im Außenverhältnis für Schulden der Kommanditgesellschaft (KG) grundsätzlich nur bis zur Höhe seiner im Handelsregister eingetragenen Haftsumme. Eine darüberhinausgehende Haftung ist ausgeschlossen. Das Einkommensteuerrecht sieht daher für die einem Kommanditisten zuzurechnenden Verluste vor, dass diese nur bis zur Höhe seiner eingetragenen Haftungssumme mit anderen positiven Einkünften des Kommanditisten ausgeglichen werden können. Übersteigen die Verlustanteile die Haftungssumme, entstehen so genannte verrechenbare Verluste, die nur mit in zukünftigen Jahren aus dieser KG zuzurechnenden Gewinnen ausgeglichen werden dürfen. Sind dem Kommanditisten in zurückliegenden Jahren ausgleichsfähige Verluste zugewiesen worden und wird sodann eine Haftungsminderung vereinbart bzw. im Handelsregister eingetragen, erfolgt eine Nachversteuerung beim Kommanditisten. Hierzu befasst sich das Finanzgericht Düsseldorf kürzlich mit der Frage, ob auch der Formwechsel einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) in eine GmbH & Co. KG eine solche nachversteuerungspflichtige Haftungsminderung darstellt.

Sachverhalt
Die Klägerin ist eine vermögensverwaltende GmbH & Co. KG, die zum 1.1.2004 aus der formwechselnden Umwandlung einer GbR entstanden ist. Die ehemals vollhaftenden Gesellschafter der GbR sind seitdem als Kommanditisten an der GmbH & Co. KG beteiligt. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass aufgrund der Umwandlung eine Haftungsminderung für die ehemals vollhaftenden Gesellschafter eingetreten sei, die eine Nachversteuerung nach sich ziehe. Die dagegen gerichtete Klage war erfolgreich.

Entscheidung
Nach Ansicht der Richter kommt eine Nachversteuerung bei Umwandlung einer GbR in eine GmbH & Co. KG nicht in Betracht. Sie begründen dies zum einen mit dem Gesetzeswortlaut, der die Umwandlung nicht als haftungsminderndes Ereignis definiere. Zum anderen komme auch eine steuerverschärfende Analogie nicht in Betracht, da vorliegend keine Anhaltspunkte für eine nicht vorgesehene Umgehung des Gesetzeszwecks erkennbar seien.

Konsequenzen
Das Urteil ist zu begrüßen und steht auch in Einklang mit früheren Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) für den umgekehrten Fall, sprich der Umwandlung der Rechtsstellung des Kommanditisten in die eines persönlich haftenden Gesellschafters. Die Revision beim BFH wurde nicht zugelassen, da insbesondere die Rechtsfrage höchstrichterlich hinreichend geklärt ist.

8. Bewertung einer (Elektro-)Fahrrad-Überlassung durch den Arbeitgeber

Kernproblem
Über die steuerliche Behandlung des dem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellten Firmenwagens lässt sich fast täglich etwas Neues aus Literatur und Rechtsprechung entnehmen. Die Überlassung eines Firmenfahrrads zur privaten Nutzung führt dagegen unter steuerlichen Gesichtspunkten ein Stiefmütterchendasein. Nachdem sich neben die umweltbewussten Radler mittlerweile verstärkt auch solche Berufstätigen gesellt haben, die sich anstatt mit dem Auto lieber mit dem durch eigene Muskelkraft angetriebenen Drahtesel oder per (Elektro-)Fahrrad durch den täglichen Stadtverkehr quälen, ist bei immer mehr Bürgern die Frage der steuerlichen Behandlung aufgekommen. Die Landesfinanzbehörden haben nun hierzu Stellung genommen.

Bisherige Rechtslage
Für das "normale" Fahrrad und E-Bikes, die verkehrsrechtlich als Fahrrad einzuordnen sind, galt bisher, dass der geldwerte Vorteil mit dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis einer Nutzungsüberlassung am Abgabeort zu bewerten war. Zwar konnte hier die monatliche Freigrenze von 44 EUR zum Ansatz kommen; bedenkt man jedoch, dass die täglichen Mietpreise von Fahrrädern durchaus mind. 5-10 EUR betragen können, hat sich meist kein Steuervorteil mehr ergeben. Nur die Arbeitgeber, bei denen die Nutzungsüberlassung von Fahrrädern zur Angebotspalette an Kunden gehörte (z. B. Fahrradverleihfirmen), konnten in der Lohnabrechnung einen Preisabschlag von 4 % und den Rabattfreibetrag von 1.080 EUR jährlich berücksichtigen. Die Anwendung der beim Firmenwagen bekannten 1 %-Regel (zzgl. 0,03 % je km für Fahrten zur Arbeitsstätte) war dagegen nur bei Überlassung solcher Elektrofahrräder möglich, die z. B. wegen Motors mit Geschwindigkeiten über 25 km/h als Kraftfahrzeuge einzuordnen waren.

Neue Rechtslage
Ähnlich der Firmenwagenbesteuerung wird mit Wirkung ab dem Jahr 2012 als monatlicher Durchschnittswert der privaten Nutzung von Fahrrädern (einschließlich aller Privatfahrten und Fahrten zur Arbeitsstätte) 1 % der auf volle 100 EUR abgerundeten unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrrads inkl. der Umsatzsteuer festgesetzt. Die Freigrenze von 44 EUR ist dagegen nicht mehr anzuwenden. Für Arbeitgeber mit der Angebotspalette des Fahrradverleihs gilt die Altregelung mit dem Rabattfreibetrag von 1.080 EUR.

Konsequenz
Was auf den 1. Blick als Schikane wirkt, kann sich durchaus als kleines Steuersparmodell radsportbegeisterter Mitarbeiter erweisen. So lassen sich z. B. durch Gehaltsumwandlung oder anstatt Gehaltserhöhung durchaus Steuer- und SV-Vorteile erzielen, wenn ein mehrere-tausend-EUR teures Fahr-, BMX- oder Elektrorad überlassen wird. Mit einem Jahresbetrag von 12 % des Bruttolistenpreises ist dann steuerlich alles abgegolten.

9. Höhe der Werbungskosten bei Autounfall auf der Fahrt zur Arbeit

Kernproblem
Nichtselbstständig tätige Steuerpflichtige können die Entfernungspauschale geltend machen. Hiermit sind grundsätzlich sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anfallen. Ausdrücklich ausgenommen von der Abgeltung sind Unfallkosten, die anlässlich einer solchen Fahrt entstehen. Berufliche Unfallkosten sind zusätzlich als Werbungskosten abzugsfähig. Erfolgt eine Reparatur des Privatwagens, lassen sich die abzugsfähigen Aufwendungen ohne Weiteres ermitteln. Wird der Pkw nicht repariert, können sich Auslegungsprobleme ergeben. Dann ist für den Werbungskostenabzug nach einem fiktiven Buchwert oder dem zumeist höheren Zeitwert vor dem Unfall auszugehen. Die Lösung hat nun der Bundesfinanzhof (BFH) geliefert.

Sachverhalt
Ein Richter erlitt auf dem Weg zur Arbeit einen Verkehrsunfall. Die Reparaturkosten hätten ca. 10.000 DM betragen; den Zeitwert vor dem Unfall schätzte der Richter auf 11.500 DM. So entschied er sich zum Verkauf des nicht reparierten Unfallwagens und erzielte noch einen Preis von 3.500 DM. Die Differenz von 8.000 DM machte der Richter als Werbungskosten geltend. Hierbei berief er sich auf eine telefonische Auskunft seiner Sachbearbeiterin, die ihm diesen Ansatz bestätigt hatte. In der späteren Veranlagung unterblieb jedoch ein Abzug, weil das Finanzamt unter Berücksichtigung der amtlichen Nutzungsdauern (damals 5 Jahre) einen fiktiven Pkw-Buchwert von Null und somit keinen abzugsfähigen Verlust ermittelt hatte. Im späteren Klageverfahren ging das Finanzgericht wegen geringer Laufleistung zwar von 8 Jahren Nutzungsdauer aus; doch auch das half nicht weiter, weil der Buchwert noch unter dem Verkaufspreis lag. So hoffte der Richter auf ein anderes Urteil des BFH.

Entscheidung
Der BFH kam zu keiner anderen Entscheidung. Für die Berechnung des als Werbungskosten abziehbaren Substanzschadens sei bei unterbliebener Reparatur nicht vom Zeitwert des Fahrzeugs vor dem Unfall auszugehen, sondern von den um fiktive Absetzungen für Abnutzung geminderten Anschaffungskosten (fiktiver Buchwert). Das ergebe sich aus den Vorschriften der als Werbungskosten abzugsfähigen Absetzungen für Abnutzung. Nach der Systematik war im Streitfall eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung gegeben, für deren Bewertung vom Buchwert auszugehen ist.

Konsequenz
Das materielle Ergebnis überrascht nicht, auch wenn es nicht dem wirtschaftlichen Schaden entspricht. Zur telefonischen (Falsch-)Auskunft des Finanzamts bemerkte der BFH, dass es hier schon an der für eine Bindung erforderlichen Erteilung durch den zuständigen Sachgebietsleiter oder Vorsteher fehle.

10. Können Rabatte von dritter Seite Arbeitslohn darstellen?

Kernproblem
Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören neben Gehältern und Löhnen auch andere Bezüge und Vorteile, die im Rahmen des Dienstverhältnisses gewährt werden. Dabei ist gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht oder unter welcher Bezeichnung oder Form sie gewährt werden. Arbeitslohn kann ausnahmsweise auch bei der Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn sie Entgelt des Arbeitnehmers für eine Leistung im Rahmen des Dienstverhältnisses mit seinem Arbeitgeber darstellt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich jüngst mit der Frage des Arbeitslohns von dritter Seite bei Rabattgewährung beschäftigt.

Sachverhalt
Der Lieferant eines Krankenhauses räumte den etwa 750 Krankenhaus-Mitarbeitern Vorteile beim Erwerb von Apothekenartikeln ein. Die Mitarbeiter erhielten bei der Bestellung von ihrem Arbeitsplatz aus einen Nachlass auf den üblichen Apothekenendpreis. Die Bezahlung erfolgte durch die Arbeitnehmer. Weil das Krankenhaus jedoch die Bekanntmachung des Mitarbeiter-Vorteilsprogramms und die Lieferung am Arbeitsplatz duldete, gelangte das Finanzamt anlässlich einer Lohnsteuer-Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass Arbeitslohn von dritter Seite vorläge. Die Klage des Krankenhauses gegen den Haftungsbescheid sah das Finanzgericht als begründet an, weil nach dessen Überzeugung das eigene Interesse des Lieferanten an einer Kundengewinnung und Gewinnmaximierung durch Synergieeffekte Anlass der Vorteilsgewährung war. Die Finanzverwaltung zog weiter zum BFH.

Entscheidung
Der BFH wies die Revision zurück. Arbeitslohn liege nicht vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt werde. Hierbei sei das vom Finanzgericht gewürdigte eigene Interesse des Lieferanten naheliegend. Allein der Umstand, dass der Preisnachlass nicht auch Arbeitnehmern anderer (nicht belieferter) Krankenhäuser gewährt werde, könne den Veranlassungszusammenhang zwischen Vorteilsgewährung und Arbeitsleistung nicht begründen. Davon sei erst auszugehen, wenn der Arbeitgeber z. B. einen ihm zustehenden Vorteil an seine Mitarbeiter weitergebe. Zwar könne die Mitwirkung des Arbeitgebers an der Rabattgewährung für Arbeitslohn sprechen; zwingend sei das jedoch nicht. Allein die Informationsgestellung (Schwarzes Brett) und Duldung der Auslieferung ließe kein aktives Mitwirken erkennen.

Konsequenz
Nach der Verwaltungsauffassung reicht das Mitwirken des Arbeitgebers für Arbeitslohn aus. Hieran kann nach dieser Entscheidung nicht mehr festgehalten werden.

11. Wann wird eine Abmahnung aus der Personalakte entfernt?

Rechtslage
Abmahnungen dienen dazu, verhaltens- oder personenbedingte Kündigungen von Arbeitsverhältnissen vorzubereiten. Sie sind - außer bei ganz schweren Verfehlungen - in der Regel notwendige Voraussetzung, um solche Kündigungen wirksam werden zu lassen. Streit entsteht regelmäßig darum, ob und nach welcher Frist Abmahnungen aus einer Personalakte wieder entfernt werden müssen, also gegenstandslos werden. Eine gesetzliche Regelung hierzu fehlt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nunmehr über den "Entfernungsanspruch" entschieden.

Sachverhalt
Einen Arbeitnehmer, der für eine Zahlstelle verantwortlich war, war dafür abgemahnt worden, dass das Kassenbuch seiner Zahlstelle verschwunden war. Nach einem Zeitraum von 2 Jahren verlangte er die Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte.

Entscheidung
Das BAG wies die Klage des Arbeitnehmers ab. Ein festes Verfallsdatum für eine Abmahnung existiere nicht. Vielmehr muss der Verfall einer Abmahnung individuell geprüft werden. Grundsätzlich gelte aber, dass ein Anspruch auf Entfernung nur bestehe, wenn die Abmahnung unter keinem Gesichtspunkt mehr eine Rolle für das Arbeitsverhältnis spiele; das abgemahnte Verhalten also bedeutungslos geworden ist. Dies sei jedenfalls dann nicht mehr der Fall, wenn die Abmahnung bzw. das abgemahnte Verhalten eine zukünftige Entscheidung des Arbeitgebers, z. B. über eine Beförderung oder eine Kündigung, noch beeinflussen könne.

Konsequenz
Mit der Entscheidung widerspricht das BAG der oft gehandhabten Praxis, Abmahnungen nach 2 bis 3 Jahren ohne vergleichbares Fehlverhalten wieder aus der Personalakte zu entfernen. Aus der Entscheidungsbegründung wird deutlich, dass das BAG auch länger zurück liegende Abmahnungen für erheblich erachtet. Das Gericht wertet so das Instrument der Abmahnung nicht unerheblich auf; je schwerwiegender der abgemahnte Verstoß, desto weniger besteht ein Anspruch auf Entfernung aus der Personalakte.

12. Anspruch auf Prozesszinsen bei Herabsetzung der Steuer erst nach Ende der Rechtshängigkeit?

Kernaussage
Grundsätzlich hat ein Schuldner eine Geldschuld von dem Eintritt der Rechtshängigkeit, d. h. dem Zeitpunkt, zu dem ihm als Beklagter eines Zivilprozessen die Klage zugestellt wird, an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist. Zu der in diesem Zusammenhang streitigen Frage, ob der Anspruch eines Klägers auf Prozesszinsen auch dann besteht, wenn die Herabsetzung der Steuer nur mittelbar durch den geführten Rechtsstreit verursacht wurde, nahm der Bundesfinanzhof im vergangenen Sommer Stellung.

Sachverhalt
Die Klägerin war Alleinerbin ihrer im Jahr 2004 verstorbenen (eingetragenen) Lebenspartnerin. In 2005 setzte das Finanzamt gegenüber der Klägerin Erbschaftsteuer fest und legte dabei die damals geltende Steuerklasse III zugrunde. Die Klägerin beantragte daraufhin im Klagewege die Anwendung der Steuerklasse I, wie bei Ehegatten. Wegen der zeitgleich beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfassungsbeschwerde zur Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsbesteuerung von eingetragenen Lebenspartnern wurde die Steuerfestsetzung für vorläufig erklärt, woraufhin die Klägerin und das beklagte Finanzamt den Rechtsstreit für erledigt erklärten. In 2010 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Erbschaftsbesteuerung eingetragener Lebenspartner für verfassungswidrig und änderte das Gesetz zu Gunsten der rückwirkenden Geltung der Steuerklasse I für eingetragene Lebenspartner. Daraufhin setzte das beklagte Finanzamt die Erbschaftsteuer der Klägerin auf 0 EUR herab und erstattete die überzahlte Steuer von 40.000 EUR. Die Klägerin verlangte für den Erstattungsbetrag Prozesszinsen. Sie unterlag schließlich vor dem BFH.

Entscheidung
Der Rechtsstreit war durch die Erledigungserklärungen beider Parteien beendet worden. Die zeitlich spätere Steuerherabsetzung war durch den Prozess lediglich mittelbar verursacht. Nach Ansicht der BFH-Richter besteht aber ein Anspruch auf Prozesszinsen nicht, wenn die Steuer erst nach Beendigung der Rechtshängigkeit des finanzgerichtlichen Verfahrens herabgesetzt wird. Der Rechtsstreit war damit nicht ursächlich für die Steuerherabsetzung, denn diese erfolgte nicht aufgrund einer Weisung durch das Gericht, sondern wegen einer Gesetzesänderung.

Konsequenz
Ein Anspruch auf Prozesszinsen kann nicht entstehen, wenn die Herabsetzung der Steuer das Ergebnis eines von anderen Steuerpflichtigen geführten Musterprozesses ist. Anders verhält es sich indes dann, wenn ein Rechtsstreit wegen eines beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Musterverfahrens ausgesetzt und die Steuer später herabgesetzt wird.

13. Wann verjähren Schadensersatzansprüche gegen Steuerberater?

Kernaussage
Die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen einen Steuerberater, der verschuldet hat, dass Verluste seiner Mandanten niedriger als möglich festgestellt worden sind, beginnt regelmäßig mit der Bekanntgabe der entsprechenden Grundlagenbescheide.

Sachverhalt
Der beklagte Steuerberater hatte bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung seines Mandanten im Jahr 1995 bei den Vermietungseinkünften übersehen, dass der Wegfall des Vorbehaltsnießbrauchs bei einer Gewerbeimmobilie gegen Übernahme von Verbindlichkeiten zu nachträglichen Anschaffungskosten führte. 1997 passierte der Fehler bei einer anderen Immobilie des Mandanten erneut. Die Verluste des Mandanten wurden durch entsprechende Grundlagenbescheide daher niedriger festgestellt als möglich. Der Verkauf der im Privatbesitz gehaltenen Immobilien führte schließlich im Jahr 2006 zu erheblichen Gewinnen. Eine Klage des Mandanten gegen den Steuerberater wegen der fehlenden Möglichkeit zur Verlustverrechnung blieb vor dem Landgericht ohne Erfolg. Die Berufungsinstanz gab dem Kläger teilweise Recht. Der Bundesgerichtshof (BGH) verneinte einen Schadensersatzanspruch endgültig.

Entscheidung
Der BGH begründet seine Entscheidung mit der eingetretenen Verjährung nach den Bestimmungen der damals geltenden Fassung des Steuerberatungsgesetzes (StBerG). Schon die Bekanntgabe der Verlustfeststellungsbescheide in den Jahren 1998 bis 2000 setzte die Verjährung in Lauf. Denn der Verlustfeststellungsbescheid, der einen Grundlagenbescheid darstellt, ist wirtschaftlich eine "Steuergutschrift". Bereits der zu gering festgestellte Verlust stellt einen Schaden dar. Für die Frage der Verjährung bzw. des Verjährungsbeginns ist nicht entscheidend, ob sich dieser Schaden erst später auswirkt oder beziffern lässt.

Konsequenz
Seit dem Wegfall der damals geltenden Gesetzesvorschrift im Jahr 2004 gelten auch gegenüber Steuerberatern die allgemeinen Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Diese verlangen für den Fristlauf neben dem Anspruchsentstehen die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis der anspruchsbegründenden Umstände. Für haftungsrechtliche Altfälle entfalten die weggefallene Gesetzesbestimmung und die dazu ergangene Rechtsprechung (sog. Sekundärhaftung) jedoch weiterhin Wirkung.

14. Neue Steuerberatervergütungsverordnung in Kraft getreten

Kernaussage
Nach der Zustimmung des Bundesrates zur Novellierung der Steuerberatergebühren ist die neue Verordnung am 20.12.2012 in Kraft getreten. In Anlehnung an das Gebührenrecht der Rechtsanwälte lautet die Bezeichnung zukünftig "Vergütungsverordnung für Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (Steuerberatervergütungsverordnung - StBVV)". Die Novelle berücksichtigt die gestiegene Preis- und Kostenentwicklung bei den Steuerberaterpraxen seit der letzten Anpassung im Jahr 1998. Der Preisindex ist in diesen 14 Jahre um mehr als 22 %, die Lohnkosten sind um mehr als 20 % gestiegen. Die Aktualisierung der Steuerberatervergütungsverordnung beinhaltet z. B. die Schaffung neuer Gebührentatbestände, für die bislang keine Abrechnungsgrundlage bestand. Dies betrifft konkret die Abrechnung für die Überwachung der Lohnsumme oder die Thesaurierungsrücklage oder die Zusammenfassende Meldung.

Änderungen der bestehenden Steuerberatervergütungsverordnung
Folgende Vergütungssätze für Steuerberater wurden angehoben: die Gebührentabellen A bis E wurden linear um 5 % erhöht. Die Zeitgebühr wurde auf 30 - 70 EUR je angefangene halbe Stunde angehoben; der Höchstgebührensatz für ein erstes Beratungsgespräch beträgt nun 190 EUR. Die Betragsrahmengebühren im Bereich der Lohnabrechnung wurden durchschnittlich um 80 % erhöht. Verschiedene Mindestgegenstandswerte bei der Anfertigung von Steuererklärungen wurden ebenfalls angehoben, z. B.: Einkommensteuererklärung ohne Ermittlung der Einzeleinkünfte von 6.000 EUR auf 8.000 EUR, Körperschaftsteuererklärung von 12.500 EUR auf 16.000 EUR, Gewerbesteuererklärung von 6.000 EUR auf 8.000 EUR, Erbschaftsteuererklärung von 12.500 EUR auf 16.000 EUR. Die Vorschrift für die Ermittlung des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten wurde erweitert und eröffnet nun für Vorarbeiten, die über das übliche Maß erheblich hinausgehen eine zusätzliche Abrechnung nach Zeitgebühr. Darüber hinaus kann der Steuerberater die Abrechnung einer Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung künftig nach den Gegenstandswert vornehmen, der sich nach der Summe der berichtigten ergänzten und nachgeholten Angaben bemisst. Der Mindestgegenstandwert beträgt hier 8.000 EUR. Der Gebührenrahmen für Zwischenabschlüsse wurde auf 10/10 bis 40/10 angehoben und entspricht nun dem Maß des normalen Jahresabschlusses.

Schaffung zusätzlicher Gebührentatbestände
Die Aktualisierung der Steuerberatervergütungsverordnung beinhaltet daneben auch die Schaffung neuer Gebührentatbestände, für die bislang keine Abrechnungsgrundlage bestand. Dies betrifft konkret die Abrechnung für die Überwachung der Lohnsumme oder die Thesaurierungsrücklage oder die Zusammenfassende Meldung. Regelungen, die durch die Novelle überflüssig wurden, sind entfallen, wie z. B. die Abrechnungsgrundlage für die Eigenheimzulage.

15. Wann ist ein Antrag auf getrennte Veranlagung missbräuchlich?

Kernaussage
Das Wahlrecht von Ehegatten auf Zusammenveranlagung oder getrennte Veranlagung kann unbefristet und ohne Bindung an die gewählte Lohnsteuerklasse ausgeübt werden. Die erstmalige Wahl der getrennten Veranlagung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Ehegatten, obwohl die Lohnversteuerung anhand der Lohnsteuerklassenkombination III und V erfolgte, stellt keinen unzulässigen Gestaltungsmissbrauch dar, wenn zum Zeitpunkt der Wahl der Lohnsteuerklassen die Insolvenz noch nicht absehbar war.

Sachverhalt
Streitig ist, ob der Antrag der Kläger auf eine getrennte Einkommensteuerveranlagung rechtsmissbräuchlich ist. Die Kläger sind seit 1986 verheiratet und wurden seither zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Lohnsteuerabzug der Kläger wurde nach den von ihnen vor etwa 20 Jahren gewählten Lohnsteuerklassen III und V vorgenommen. Nachdem über das Vermögen des Ehemannes das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, beantragten sie mit Abgabe ihrer Einkommensteuererklärung eine getrennte Veranlagung. Das Finanzamt hielt diesen Antrag für eine unzulässige rechtsmissbräuchliche Gestaltung und führte eine Zusammenveranlagung durch. Hiergegen obsiegten die Kläger vor dem Finanzgericht Münster.

Entscheidung
Das Recht von Eheleuten, die getrennte Veranlagung zu wählen, ist grundsätzlich nicht beschränkt. Auch sind sie an eine einmal getroffene Wahl nicht gebunden. Gleiches gilt für die Wahl einer Lohnsteuer-Klasse. Zwar liegt der Wahl der Steuerklasse III und V ersichtlich die Annahme zugrunde, dass die Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, gleichwohl können sie in der Jahressteuerveranlagung anstelle der Zusammenveranlagung die getrennte Veranlagung wählen. Die Wahl der getrennten Veranlagung war hier auch nicht rechtsmissbräuchlich; es ist zulässig, wenn ein Steuerpflichtiger von einzelnen im Steuergesetz vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch macht. Ein Missbrauch ist nur dann anzunehmen, wenn Wahlrechte wiederholt in widersprüchlicher Weise mit dem Ziel, die Durchsetzung der festgesetzten Steuer zeitweilig oder dauerhaft zu vereiteln, ausgeübt werden. Ein derartiger Gesamtplan konnte hier aber nicht festgestellt werden. Es ist davon auszugehen, dass auch außersteuerlicher Gründe für die Wahl der getrennten Veranlagung bestanden, z. B. dass die Klägerin ihre Vermögensverhältnisse von jenen ihres insolventen Ehemannes getrennt wissen wollte. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Klägerin im Streitjahr 3 minderjährige Kinder zu versorgen hatten, nachvollziehbar.

Konsequenz
Sprechen keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Steuerpflichtiger durch die mehrfache, einander widersprechende Ausübung von Wahlrechten, das Ziel verfolgt, die Durchsetzung der festgesetzten Steuer zeitweilig oder dauerhaft zu vereiteln, ist für die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs kein Raum.

16. Telefonkosten als Werbungskosten bei längerer Auswärtstätigkeit

Kernaussage
Kosten für Telefongespräche, die während einer Auswärtstätigkeit von mindestens einer Woche Dauer anfallen, können als Werbungskosten bei der Einkommensteuer abzugsfähig sein. Das hat der Bundesfinanzhof kürzlich entschieden.

Sachverhalt
Der Kläger, ein Marinesoldat, führte während eines längeren Auslandseinsatzes an den Wochenenden 15 Telefongespräche mit seiner Lebensgefährtin und Angehörigen für insgesamt 252 EUR. Die Kosten machte er vergeblich in seiner Einkommensteuererklärung als Werbungskosten geltend. Das Finanzgericht hat der Klage stattgegeben. Die Revision des Finanzamts hatte keinen Erfolg.

Entscheidung
Zwar handelt es sich bei den Aufwendungen für Telefonate privaten Inhalts etwa mit Angehörigen und Freunden regelmäßig um steuerlich unbeachtliche Kosten der privaten Lebensführung. Nach einer mindestens einwöchigen Auswärtstätigkeit lassen sich die notwendigen privaten Dinge aber aus der Ferne nur durch über den normalen Lebensbedarf hinausgehende Mehrkosten regeln. Die dafür anfallenden Aufwendungen können deshalb abweichend vom Regelfall als beruflich veranlassten Mehraufwand der Erwerbssphäre zuzuordnen sein, so die Richter.

Konsequenz
Bei einer Abwesenheitsdauer von mindestens einer Woche werden die privaten Gründe der Kontaktaufnahme etwa mit Angehörigen oder Freunden typisierend betrachtet durch die beruflich/betrieblich veranlasste Auswärtstätigkeit überlagert. Einkommensteuerbescheide, die diese Rechtsprechung nicht berücksichtigen, sollten mittels Einspruch angegriffen werden.

17. Auch eine schwangere Schwangerschaftsvertretung darf lügen

Kernfrage
Die Frage nach einer Schwangerschaft ist die "Mutter" aller unzulässigen Fragen in einem Bewerbungsgespräch. Seit jeher entscheiden die Arbeitsgerichte, gestützt auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass die nach einer bestehenden oder geplanten Schwangerschaft befragte Bewerberin lügen darf, ohne dass Sanktionsmöglichkeiten bestehen. Das Landesarbeitsgericht Köln hatte nunmehr darüber zu befinden, ob dieses "Recht zur Lüge" auch für eine Bewerberin besteht, die als Schwangerschaftsvertretung eingestellt werden soll.

Sachverhalt
Die Klägerin war befristet als Schwangerschaftsvertretung eingestellt worden. Einen Monat nach ihrem Arbeitsbeginn offenbarte sie dem Arbeitgeber, dass sie im vierten Monat schwanger sei. Da die Schwangerschaft bereits im Zeitpunkt des Einstellungsgesprächs vorgelegen haben musste, erklärte der Arbeitgeber die Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung und unterlag vor Gericht.

Entscheidung
Das Landesarbeitsgericht stellte klar, dass keine Offenbarungspflicht für eine Schwangerschaft bestehe, um Diskriminierungen zu verhindern. Die Grundsätze des Europäischen Gerichtshofs seien insoweit eindeutig. Zwar seien die bisherige Entscheidungen zu unbefristeten Arbeitsverhältnissen ergangen, es liege aber kein Grund vor, ein befristetes Arbeitsverhältnis abweichend zu behandeln.

Konsequenz
Die Entscheidung überrascht nicht, sondern stellt lediglich die Geltung des "Rechts zur Lüge" im Hinblick auf eine Schwangerschaft auch für den Bereich der befristeten Arbeitsverhältnisse klar. Einzige Ausnahme von diesem Recht zur Lüge kann dann bestehen, wenn von Anfang an ein Beschäftigungsverbot bestehen würde, z. B. weil die Arbeitnehmerin aufgrund eine bekannten Risikoschwangerschaft nicht arbeiten darf.

18. Wie muss eine Rechtsbehelfsbelehrung aussehen?

Kernaussage
Als Rechtsbehelfsbelehrung bezeichnet man die Belehrung des Adressaten eines Verwaltungsakts (z. B. Steuerbescheids) oder einer Gerichtsentscheidung über ihm zustehende Möglichkeiten, die behördliche oder gerichtliche Entscheidung anzufechten. Eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung enthält die Bezeichnung als solche, die Behörde oder das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf einzulegen ist sowie die Einlegungsfrist und eventuell einzuhaltende Formvorschriften bei der Einlegung oder Begründung. Hierzu entschied das Finanzgericht Münster kürzlich, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht etwa deshalb unrichtig ist, weil sie keinen Hinweis auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung per E-Mail enthält.

Sachverhalt
Das Finanzamt hatte die Antragstellerin durch Bescheid verpflichtet, einen Steuerabzug nach dem Einkommensteuergesetz durchzuführen, d. h. aus dem an eine ausländische Gesellschaft zu zahlenden Kaufpreis einen Teilbetrag in Höhe von 750.000 EUR an den Fiskus zu leisten. Der hiergegen gerichtete Einspruch der Antragstellerin ging erst nach Ablauf der einmonatigen Einspruchsfrist beim Finanzamt ein. Dies erklärte die Antragstellerin damit, dass die in dem Bescheid enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung unzutreffend sei, da sie keinen Hinweis darauf enthalte, dass der Einspruch auch per E-Mail eingelegt werden könne. Ihr Einspruch sei daher zulässig, da bei einer unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung keine Monats-, sondern eine Jahresfrist für die Einspruchserhebung gelte.

Entscheidung
Das Gericht folgte dieser Auffassung nicht und lehnte die begehrte Aussetzung der Vollziehung ab, weil die einmonatige Einspruchsfrist verstrichen und der Bescheid damit bestandskräftig geworden sei. Die Jahresfrist gelte nicht, da die Rechtsbehelfsbelehrung nicht unrichtig sei. Die Entscheidung darüber, welchen Inhalt eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung haben müsse, verlange eine Abwägung: sie müsse einerseits dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz entsprechen, andererseits aber auch so einfach und klar wie möglich gehalten sein. Der einfache Hinweis auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung per E-Mail sei weder rechtlich unproblematisch noch vollständig. In erweiterter Form führe er zu einer überfrachteten Rechtsbehelfsbelehrung, die statt Klarheit Verwirrung schaffe.

Konsequenz
Die Entscheidung betrifft die von der Finanzverwaltung standardmäßig verwendete Rechtsbehelfsbelehrung, die Steuerpflichtige darauf hinweist, dass der gegen den Bescheid mögliche Einspruch beim betreffenden Finanzamt "schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären ist". Der Text ist damit nach wie vor nicht zu beanstanden.

19. Wann entfällt die Unterhaltspflicht des Kindes gegenüber den Eltern?

Kernaussage
Besteht grundsätzlich eine Unterhaltspflicht der Kinder für ihre Eltern, kann diese in wenigen Fällen der Verwirkung unterliegen. In Folge kommen die Kinder von ihren Unterhaltspflichten frei. Im kürzlich vom Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg entschiedenen Fall führte eine herabwürdigende Kränkung und nachdrückliche Kontaktverweigerung zu einer solchen Verwirkung. Weitere denkbare Fälle sind z. B. gröbliche Vernachlässigung der Unterhaltspflichten oder schwere Verfehlungen durch die nunmehr bedürftigen Eltern.

Sachverhalt
Eine Stadt hatte seit 2008 bis zum Tod des Vaters in 2012 Heimpflegekosten an eine Altenheimeinrichtung erbracht. Nach den Einkommensverhältnissen des Sohnes sollte dieser rund 9.000 EUR an die Stadt erstatten. Der Sohn berief sich darauf, dass ein Unterhaltsanspruch seines Vaters verwirkt sei; denn der Vater habe seit 27 Jahren vehement den Kontakt verweigert. Selbst bei der Beerdigung des Großvaters seien keine Worte ausgetauscht worden. In seinem Testament hatte der Vater angeordnet, dass der Sohn nur den "strengsten Pflichtteil" erhalten solle.

Entscheidung
Das OLG gab dem Sohn Recht. Dem Vater war eine schwere vorsätzliche Verfehlung anzulasten, die zu einer Verwirkung des Anspruchs der Stadt führt. In der Gesamtschau war hier nämlich ein grober Mangel an verwandtschaftlicher Gesinnung zu erkennen, der den Unterhaltspflichtigen als Person herabwürdigte, zurücksetzte und kränkte. Der Vater hatte offenkundig jegliche Beziehung persönlicher und wirtschaftlicher Art zu seinem Sohn abgelehnt und sich erkennbar aus dem familiären Solidaritätsverhältnis gelöst. In diesem Fall musste der Sohn keinen Unterhalt zahlen.

Konsequenz
Die Entscheidung ist zu begrüßen, da die bisherige Rechtsprechung die Entlassung aus den Unterhaltspflichten sehr restriktiv handhabte. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Rechtsprechung auch beim Bundesgerichtshof (BGH) durchsetzen wird.

20. Elternunterhalt trotz ausreichenden privaten Vorsorgekapitals?

Kernaussage
Werden Eltern pflegebedürftig und reicht ihr Einkommen nicht aus, um die Unterhaltskosten zu tragen, können die Kinder u. U. zur Unterhaltszahlung für ihre Eltern herangezogen werden. Ein Anspruch auf Elternunterhalt besteht aber nicht, wenn Rente, Pflegegeld und Zahlungen aus einer privaten Altersvorsorge grundsätzlich ausreichen würden, um den Bedarf der Eltern zu decken. Dies gilt auch dann, wenn das private Vorsorgekapital vorzeitig aufgebraucht ist.

Sachverhalt
Das Sozialamt verlangt von dem Sohn Zahlungen für die Unterbringung der Mutter in einem Pflegeheim. Die psychisch erkrankte Mutter lebte seit 1995 in verschiedenen Einrichtungen und stand unter Betreuung. Das Sozialamt war eingeschaltet. Anfangs war die Mutter noch im geringen Umfang erwerbstätig, weshalb sie Mitglied in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung war. Nach Beendigung der Tätigkeit wurde diese Mitgliedschaft nicht mehr fortgesetzt. Ferner hatte sie ursprünglich eine Lebensversicherung auf Rentenbasis angespart, aufgrund derer sie im Alter eine Zusatzrente von 160 EUR erhalten sollte. Nachdem sie hilfsbedürftig wurde, hat das Sozialamt ihr darlehensweise Lebensunterhalt gewährt und später den kapitalisierten Rentenbetrag zur Tilgung an sich auszahlen lassen. Nunmehr sollte der Sohn Elternunterhalt zahlen, der sich hiergegen wehrte. Er bekam Recht, Amtsgericht und Oberlandesgericht verneinten einen Zahlungsanspruch der Kommune.

Entscheidung
Die Tatsache, dass das Sozialamt den Kapitalbetrag aus der Lebensversicherung vereinnahmt hat, kann nicht zu Lasten des Sohnes gehen. Das gleiche gilt für die generell gerechtfertigten Ansprüche auf ein Pflegegeld, die bestehen würden, wenn der Betreuer und das Sozialamt für die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung Sorge getragen hätten. Sowohl die fiktiven Beträge aus der Lebensversicherung als auch aus dem Pflegegeld sind als ohne die Versäumnisse erzielbares Einkommen vom Bedarf abzusetzen.

Konsequenz
Verwandte in gerader Linie sind untereinander nach dem Gesetz unterhaltspflichtig. Die Unterhaltspflicht besteht grundsätzlich sowohl nach unten (für eigene Kinder) als auch nach oben (für die Eltern und Großeltern).

 

Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

 

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
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